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RECHTSANWALT vs. BERATER
In jedem Land der Welt stehen Unternehmen oft vor der Frage, an wen sie sich
zur Unterstützung wenden sollen- an eine Rechtsanwaltskanzlei oder
eine Rechtsberatungsgesellschaft? Es ist schwer, auf dem heutigen
Markt für juristische Leistungen nicht den Überblick zu verlieren,
und die Antwort auf diese Frage liegt nicht an der Oberfläche.
Besonders in Russland unterscheidet sich der Status eines
Rechtsanwalts kraft Gesetz sehr stark von dem eines Rechtsberaters.
Die russische Anwaltschaft wird von der professionellen Vereinigung der
Rechtsanwälte gebildet, die hierarchisch organisiert ist. An der
Spitze dieser Hierarchie steht die Föderale Rechtsanwaltskammer
Russlands (http://www.fparf.ru/), die eine nichtstaatliche nichtgewerbliche Organisation
(NKO) ist und die regionalen Rechtsanwaltskammern (die Kammern der
Föderationssubjekte) auf Basis einer obligatorischen Mitgliedschaft
vereinigt.
Auch die regionalen Rechtsanwaltskammern verfügen über den Status einer NKO
und vereinigen alle Rechtsanwaltsvereinigungen der Region, für die
sie zuständig sind. So sind beispielsweise alle Moskauer
Rechtsanwaltskanzleien Mitglieder der Rechtsanwaltskammer der Stadt
Moskau (http://www.advokatymoscow.ru/), alle Rechtsanwaltsvereinigungen der „Hauptstadt des
Nordens“ sind der Rechtsanwaltskammer der Stadt St. Petersburg
unterstellt (http://www.apspb.ru)
usw.
Die Tätigkeit der Rechtsanwälte wird in Russland streng reguliert, und zwar
durch das Föderale Gesetz „Über die Rechtsanwaltstätigkeit und das
Rechtsanwaltswesen in der Russischen Föderation“ (http://www.fparf.ru/federal/fz_ob_advokature.htm, im Folgenden „Gesetz“). Es ist Rechtsanwälten untersagt,
ein Arbeitnehmerverhältnis einzugehen (ausgenommen
wissenschaftliche, pädagogische oder sonstige schöpferische
Tätigkeit) oder staatliche Positionen zu bekleiden (Punkt 1, Artikel
2 des Gesetzes).
Jeder russische Rechtsanwalt muss Mitglied einer Anwaltsvereinigung
(Kanzlei) sein. Das Gesetz sieht vier Arten von Vereinigungen vor:
das „Rechtsanwaltskollegium“ («адвокатская
коллегия»), die „Rechtsanwaltskanzlei“ («адвокатское
бюро»), das „Rechtsanwaltskabinett“ («адвокатский
кабинет») und die „Rechtliche Beratung“ («юридическая
консультация» - nicht zu verwechseln mit einer „Beratungs-„ oder
„Rechtsberatungsgesellschaft“!) (http://www.fparf.ru/advo/law_firm.htm).
Aktuell gibt es in Russland ca. 16.000 Rechtsanwaltsvereinigungen, in der
überwältigenden Mehrheit entweder Rechtsanwaltskollegien oder
Rechtsanwaltskanzleien, die sich in Hinblick auf die Verwaltung von
Einkünften sowie das persönliche Vertrauensverhältnis unterscheiden.
In einem Kollegium agiert jeder Rechtsanwalt autonom - er schließt selbst
und im eigenen Namen einen Vertrag mit dem Mandanten, legt selbst
das Honorar und die Zahlungsmodalitäten fest und haftet selbst für
das (nicht) erreichte Resultat. Ein Kollegium besteht in der Regel
aus zwei (selten mehr) Rechtsanwälten als Gründungsmitglieder. Die
übrigen Rechtsanwälte des Kollegiums sind dessen Mitglieder. Alle
Einkünfte aus den von ihnen geschlossenen Verträgen werden auf das
Konto des Kollegiums eingezahlt. Aus diesen Einkünften behält das
Kollegium die Mitgliedsbeiträge für die Regionalkammer, Beiträge für
die Bedürfnisse des Kollegiums sowie die Steuer auf die Einkünfte
von Rechtsanwälten für den russischen Fiskus ein, da das Kollegium
als juristische Person gleichzeitig als Steueragent fungiert. Die
verbleibenden Mittel werden vom Kollegium auf das persönliche Konto
des Rechtsanwalts überwiesen, aus dessen Vertrag die Zahlung
eingegangen ist.
Eine Rechtsanwaltskanzlei ist anders aufgebaut. Die Verträge mit dem
Mandanten werden ausschließlich vom Geschäftsführenden Partner
geschlossen, nicht von den Rechtsanwälten der Kanzlei. Die
rechtliche Betreuung kann durch einen oder alle Rechtsanwälte
erfolgen, da alle Rechtsanwaltskanzleien auf Grundlage eines
Partnervertrages handeln, in dem fixiert ist, welchen Anteil am
Honorar jeder Partner erhält. Grundlegend für eine
Rechtsanwaltskanzlei ist das persönliche Vertrauen zwischen den
Partnern. Anders als in Rechtsanwaltskollegien gibt es hier keine
„gewöhnlichen“ Mitglieder.
Alle russischen Rechtsanwaltsvereinigungen haben den Status
einer NKO. Als rechtsanwaltliche Tätigkeit gilt in Russland die
qualifizierte rechtliche Unterstützung, die auf professioneller
Grundlage von Personen erbracht wird, die über den Status eines
Rechtsanwalts verfügen (Punkt 1, Artikel 1 des Gesetzes). Die
Rechtsanwaltstätigkeit ist keine unternehmerische Tätigkeit (Punkt
2, Artikel 1 des Gesetzes). Juristische Beratung, die von
Mitarbeitern der Rechtsabteilungen juristischer Personen oder von
Rechtsberatungsgesellschaften geleistet wird, zählt nicht als
rechtsanwaltliche Tätigkeit (Punkt 3, Artikel 1 des Gesetzes).
Ausländische Rechtsanwälte dürfen in Russland rechtliche Unterstützung
ausschließlich in Bezug auf Rechtsfragen des jeweiligen Staates
leisten (Punkt 5, Artikel 2 des Gesetzes). Außerdem sind
ausländische Rechtsanwälte, die in Russland rechtsanwaltlich tätig
sind, verpflichtet, sich in einem speziellen Register des
Justizministeriums registrieren zu lassen (http://lawyers.minjust.ru/Main/RegForeign). Ohne eine solche Registrierung ist die Ausübung
rechtsanwaltlicher Tätigkeit in Russland durch ausländische
Rechtsanwälte strengstens untersagt (Punkt 6, Artikel 2 des
Gesetzes).
Der Status eines russischen Rechtsanwalts kann Personen gewährt werden, die
über einen Hochschulabschluss im Bereich Jura verfügen, den sie an
einer staatlich akkreditierten russischen Bildungseinrichtung
erworben haben, außerdem ist hierfür juristische Berufserfahrung von
mindestens zwei Jahren erforderlich (Punkt 1, Artikel 9 des
Gesetzes). Der Beschluss über die Gewährung dieses Status wird von
der Qualifikationskommission der regionalen Rechtsanwaltskammer
gefasst, nach dem der Bewerber das entsprechende Examen bestanden
hat (Punkt 3, Artikel 9 des Gesetzes).
Der Bewerber muss zwei Examensstufen bestehen. Die erste Stufe besteht in
einem computergestützten Test aus 100 Fragen, die der Bewerber
innerhalb kurzer Zeit beantworten muss. Wenn die Fragen falsch
beantwortet werden oder die Zeit abgelaufen ist, wird die Zulassung
zur zweiten Stufe verweigert. Das Ergebnis wird vom Computer in
Echtzeit ausgewertet, eine Fälschung der Testergebnisse ist
unmöglich - das Examen wird videoüberwacht.
Die zweite Stufe ist als traditionelles Examen gestaltet, in dem der
Bewerber auf jegliche Fragen aus einem beliebigen Rechtsbereich
antworten muss (eine Liste mit 445 Fragen finden Sie hier:
http://www.fparf.ru/education/vopr_ekz_nov.htm).
Die Qualifizierungskommission der Moskauer Rechtsanwaltskammer besteht aus
13 Mitgliedern: Richter verschiedener Gerichte sowie anerkannte und
hochgeachtete Rechtsanwälte. Nur einige Wenige von Dutzenden
Bewerbern bestehen das Examen. Eine Wiederholung ist erst nach einem
Jahr möglich. Einige legen das Examen viele Jahre hintereinander
ohne Erfolg ab.
Der mit derartigen Mühen erworbene Status wird von den russischen
Rechtsanwälten hochgeschätzt. Sie sind verpflichtet, rechtzeitig
ihre berufliche Qualifikation zu erhöhen und spezielle
Weiterbildungen zu absolvieren, was streng kontrolliert wird. Neben
der Qualifikationskommission verfügen die Regionalkammern auch über
Disziplinarkommissionen. Diese prüfen Beschwerden über
Rechtsanwälte, welche in der Regel von Richtern, dem
Justizministerium oder unzufriedenen Mandanten eingereicht werden.
Die Beschwerden haben meist professionelle Fehler von Rechtsanwälten
oder Verstöße gegen die Vorschriften des Gesetzbuches über die
berufliche Ethik von Rechtsanwälten (im Folgenden „Gesetzbuch“) zum
Inhalt. Dieses Gesetzbuch wurde im Jahr 2003 verabschiedet und
orientiert sich an vergleichbaren Regelwerken für europäische
Rechtsanwälte.
Die Disziplinarkommission prüft die Beschwerde und lehnt sie entweder ab
oder erklärt den Rechtsanwalt für schuldig. In diesem Fall wird
entweder eine Verwarnung ausgesprochen oder der Status des
Rechtsanwalts entzogen. Die Verhandlung ähnelt im Aufbau der
Beweisaufnahme in einem Strafverfahren.
Die Informationen über Rechtsanwälte sind öffentlich. Jeder kann prüfen, ob
eine Person tatsächlich über den Status eines Rechtsanwalts verfügt
oder nicht, und zwar auf der offiziellen Website der jeweiligen
Regionalkammer im Abschnitt „Rechtsanwaltsverzeichnis“ (z.B.:
http://www.advokatymoscow.ru/advokats/reestr_advokatov.php).
Auch aus einem anderen Grund achten russische Rechtsanwälte sehr auf ihren
Ruf. Das System der staatlichen Arbitragegerichte ist eine mächtige
Informationsquelle. Alle Gerichtsbeschlüsse und Urteile werden in
der Datenbank des Obersten Arbitragegericht der Russischen
Föderation veröffentlicht (http://www.arbitr.ru/).
Jeder Interessierte kann Fortgang und Ausgang jedes beliebigen
Gerichtsstreits verfolgen (http://kad.arbitr.ru/). Da in den Gerichtsbeschlüssen die Namen der
Rechtsanwälte aller Parteien aufgeführt sind, können Sie leicht
herausfinden, ob der von Ihnen beauftragte Rechtsanwalt seine Fälle
gewonnen oder verloren hat, in welchem Rechtsbereich er Erfahrung
hat und in welchen nicht. Mit dem Wissen um diese grundlegenden
Überprüfungsmöglichkeiten auf den staatlichen Portalen können Sie
sich leicht ein Bild von dem Rechtsanwalt machen, dem Sie Ihr
Schicksal oder das Schicksal Ihres Unternehmens anvertrauen wollen.
Im Unterschied zu den russischen Rechtsanwälten existiert für russische
Juristen allgemein keine solche berufsrechtliche
Organisationsstruktur. Zur Schließung dieser Lücke sowie zur
Steigerung der Qualität von juristischen Leistungen wurde das
Staatliche Programm „Justiz“ ausgearbeitet und verabschiedet (http://minjust.ru/ru/node/4863), dessen Text auf der offiziellen Website des
Justizministeriums (http://minjust.ru) eingesehen werden kann.
Dieses staatliche Programm ist einerseits auf die Einführung minimaler
professioneller Anforderungen und Kriterien für als Juristen tätige
Personen mit juristischer Ausbildung ausgerichtet, andererseits soll
eine noch deutlichere Trennung zwischen Rechtsanwälten und Juristen
erfolgen, und zwar durch ein absolutes rechtsanwaltliches Monopol
auf die Vertretung vor Gericht.
Derzeit besteht ein solches Monopol in Russland lediglich in Strafprozessen
und zum Schutz von Verdächtigen und Angeklagten in den
vorgerichtlichen Ermittlungen. In sämtlichen anderen Fällen kann auf
Vollmachtbasis jede geschäftsfähige Person Ihre Interessen vor
Gericht vertreten - egal ob Jurist oder nicht.
Am stärksten wird dieser Umstand verständlicherweise von den Richtern
kritisiert, die von unprofessionellen und inkompetenten Vertretern
der jeweiligen Parteien geradezu überrollt werden. Im Ergebnis
verlängern sich die Verhandlungsfristen, viel Zeit und Kraft werden
sinnlos vergeudet. Das Programm sieht die Einführung des
rechtsanwaltlichen Monopols bereits für 2016 vor.
Jeder entscheidet selbst, an wen er sich zur Unterstützung wendet, wie er
diejenigen überprüft, denen er die Lösung seiner Probleme
anvertraut. Es ist zu betonen, dass sich auch unter den russischen
Juristen, die keine Rechtsanwälte sind, eine Vielzahl von sehr
kompetenten und ehrenwerten Personen befindet, darunter
Wissenschaftler und Dozenten der besten juristischen Fakultäten des
Landes sowie sehr viele hochprofessionelle und erfahrene Juristen,
die sich bislang einfach noch nicht die Frage gestellt haben, ob sie
den Status eines Rechtsanwalts benötigen oder nicht - sie widmen
einfach ihr Berufsleben „ihrer“ Sache - der kompetenten
Rechtsberatung. |
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